Schullaufbahnempfehlung, § 16 Abs. 2 ZVO-GS
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(2) Das Halbjahreszeugnis der Klassenstufe 4 (Anlage 5) enthält im Teil ,,Entwicklungsbericht“ Hinweise über die bisherige Lern- und Leistungsentwicklung des Schülers/der Schülerin, seine/ihre Arbeitshaltung, seine/ihre Art des Arbeitens und Lernens, sein/ihr Sozialverhalten, sein/ihr Denkvermögen und seine/ihre sprachliche Ausdrucksfähigkeit. Er enthält auch Hinweise auf besondere Leistungsschwächen in den Teilbereichen Lesen und Rechtschreiben des Faches Deutsch oder auf besondere Leistungsschwächen aufgrund anderer Muttersprache als Deutsch und daraus resultierendem, weiter bestehendem Förderbedarf sowie auf sonstige Beeinträchtigungen der schulischen Leistungen.
Der Entwicklungsbericht ist bei Erfüllung der in den Absätzen 4 und 5 genannten Voraussetzungen unter ,,Zusammenfassende Beurteilung“ mit folgender Aussage abzuschließen: ,,Der Schüler/Die Schülerin erfüllt die Voraussetzungen zum Besuch des Gymnasiums.“
(3) Mit Ausgabe des Halbjahreszeugnisses lädt der Klassenleiter/die Klassenleiterin die Erziehungsberechtigten zu einem Beratungsgespräch ein, das innerhalb der beiden darauf folgenden Wochen stattfindet.
(4) Voraussetzungen zum Besuch des Gymnasiums sind, dass
1. | die im Entwicklungsbericht getroffenen Feststellungen über die Lern- und Leistungsentwicklung, die Arbeitshaltung, die Art des Arbeitens und Lernens, das Sozialverhalten, das Denkvermögen und die sprachliche Ausdrucksfähigkeit erwarten lassen, dass der Schüler/die Schülerin den Anforderungen des Gymnasiums entsprechen wird, und dass | |
2. | der Schüler/die Schülerin im Halbjahreszeugnis der Klassenstufe 4 in einem der Fächer Deutsch und Mathematik mindestens die Note ,,gut“ und in dem anderen der beiden Fächer mindestens die Note ,,befriedigend“ erreicht hat. |
(5) Ausnahmsweise kann die Klassenkonferenz die Voraussetzungen zum Besuch des Gymnasiums auch dann als erfüllt ansehen, wenn die in Absatz 4 Nr. 2 genannten Noten nicht erreicht sind, der Schüler/die Schülerin jedoch erwarten lässt, dass er/sie den in Absatz 4 Nr. 1 genannten Anforderungen in besonderer Weise entsprechen wird. Dabei sollen besondere Schwierigkeiten im Rechtschreiben allein kein Grund sein, bei sonst angemessener Gesamtleistung einem Schüler/einer Schülerin den Besuch des Gymnasiums zu verwehren. Macht die Klassenkonferenz von der Ausnahmemöglichkeit Gebrauch, so ist diese Entscheidung im Entwicklungsbericht zu begründen.
(6) Liegen bei einem Schüler/einer Schülerin die in den Absätzen 4 und 5 genannten Voraussetzungen nicht vor, so muss er/sie vor der Aufnahme am Gymnasium erfolgreich an einem Übergangsverfahren teilgenommen haben.
Erläuterungen:
1. | Voraussetzungen für die Erteilung der Schullaufbahnempfehlung | ||
a) | die im Entwicklungsbericht getroffenen Feststellungen über die Lern- und Leistungsentwicklung, die Arbeitshaltung, die Art des Arbeitens und Lernens, das Sozialverhalten, das Denkvermögen und die sprachliche Ausdrucksfähigkeit lassen erwarten, dass das Kind den Anforderungen des Gymnasiums entsprechend wird und | ||
b) | das Kind hat auf dem Halbjahreszeugnis der Klassenstufe 4 in den Fächern Deutsch und Mathematik mindestens die Note "gut" und in dem anderen der beiden Fächer mindestens die Note "befriedigend" erreicht. | ||
Grundsätzlich müssen beide Voraussetzungen zusammen erfüllt sein, damit eine Kind eine Schullaufbahnempfehlung für das Gymnasiums erhalten kann. | |||
In der Praxis befinden sich viele Eltern aber auch manche Lehrer in dem Irrglauben, die Schullaufbahnempfehlung müsse erteilt werden, wenn (nur) das Notenprofil erfüllt ist. Dem ist nicht so. Aus der Formulierung der Vorschrift geht durch die Verknüpfung mit 'und' eindeutig hervor, dass beide Voraussetzungen zusammen erfüllt sein müssen. | |||
Oft erhalten Kinder, die die Mindestnoten erreicht haben, zurecht keine Laufbahnempfehlung, da die entsprechenden Aussagen im Entwicklungsbericht nicht auf eine Gymnasialtauglichkeit schließen lassen. Bei der Entscheidung, ob ein Kind die Laufbahnempfehlung erhält, besitzt die Schule auch in den Fällen, in denen das Notenprofil erfüllt ist, einen Ermessensspielraum, der nur sehr eingeschränkt durch die Schulaufsichtsbehörde oder das Verwaltungsgericht überprüft werden kann. Die Entscheidung der Schule muss allerdings vor dem Hintergrund der im Entwicklungsbericht getroffenen Feststellungen plausibel sein, denn alleine diese Feststellungen sind Grundlage der Einschätzung, ob ein Kind gymnasialtauglich ist oder nicht. Viele Lehrer neigen auch bei weniger leistungsstarken Schülern zu recht positiven Formulierungen. Dies kann dann unter Umständen dazu führen, dass sich aus dem Entwicklungsbericht eben nicht mehr ohne Weiteres nachvollziehen lässt, warum ein Kind trotz Erreichen der Mindestnoten keine Laufbahnempfehlung erhalten hat. Diese Diskrepanz lässt sich auch durch ergänzende Ausführungen etwa in einem Widerspruchsverfahren nur noch in Grenzfällen beseitigen. Es ist daher dringend zu empfehlen, dass jedenfalls bei den Schülern, die die Mindestnoten erreicht haben, hinreichend eindeutige Aussagen im Entwicklungsbericht enthalten sind, die die Entscheidung gegen die Erteilung einer Laufbahnempfehlung verständlich werden lassen. | |||
Gelegentlich ist zu hören, dass einige Schulen bzw. Lehrkräfte Schullaufbahnempfehlungen bei Erreichen der Mindestnoten auch gegen ihre eigene Überzeugung deshalb erteilen, um Konflikte mit den Erziehungsberechtigten zu vermeiden. Eine solche Vorgehensweise - die sicherlich die Ausnahme darstellt - ist scharf zu kritisieren. Eine Hauptaufgabe der Grundschule ist es, dafür Sorge zu tragen, dass ein nach seiner Grundschulzeit die weiterführende Schule besucht, auf der es aufgrund seiner individuellen Leistungsfähigkeit die bestmögliche schulische Förderung erhalten kann. Dieser Verantwortung darf sich die Grundschule - auch gegen den Willen der Erziehungsberechtigten - nicht entziehen. Durch die Einführung des Übergangsverfahrens (vgl. § 16 Abs. 6 ZVO-GS) ist etwaigen Elterninteresen ausreichend Rechnung getragen. Ihnen bleibt unabhängig vom erreichten Notenbild immer die Möglichkeit, das Kind am Übergangsverfahren teilnehmen zu lassen. | |||
c) | Ausnahmsweise kann ein Kind, das die Mindestnoten nicht erreicht hat, auch dann die Schullaufbahnempfehlung erhalten, wenn zu erwarten ist, dass es die Anforderungen hinsichtlich der Lern- und Leistungsentwicklung, der Arbeitshaltung, der Art des Arbeitens und Lernens, des Sozialverhaltens, des Denkvermögens und der sprachlichen Ausdrucksfähigkeit in besonderem Maße erfüllen wird. | ||
Von dieser Möglichkeit dürfte in der Praxis vor allem bei den Kindern Gebrauch gemacht werden, die eine hohe Grundintelligenz, eine gute Arbeitshaltung aber eine ausgewiesen einseitige Schwäche etwa im Bereich der deutschen Sprache oder im Bereich Mathematik verfügen. | |||
2. | Rechtsschutz | ||
Gegen die Nichterteilung der Schullaufbahnempfehlung für den Besuch des Gymnasiums kann bei der Schule oder bei der Schulaufsichtsbehörde ein (Verpflichtungs-)Widerspruch eingelegt werden. | |||
Häufig wird der Widerspruch gegen die Nichterteilung der Schullaufbahnempfehlung nicht unmittelbar nach Ausgabe der Halbjahreszeugnisse der Klassenstufe 4 eingelegt. In der Regel lassen die Erziehungsberechtigten das Kind zunächst am Übergangsverfahren teilnehmen. Erst wenn es dieses nicht besteht, wird als verbleibender Weg zur Erlangung der Berechtigung zum Besuch des Gymnasiums dann Widerspruch gegen die Nichterteilung der Schullaufbahnempfehlung eingelegt. | |||
Schüler und Erziehungsberechtigte können sich zu jedem Zeitpunkt des Verfahrens eines Bevollmächtigten (z. B. Rechtsanwalt) bedienen (§ 14 Abs. 1 SVwVfG). Eine etwaige Korrespondenz soll dann mit dem Bevollmächtigten geführt werden (§ 14 Abs. 3 SVwVfG). Liegt eine schriftliche Vollmacht vor, so ist die Zustellung des Bescheides über den Erlass der Schulordnungsmaßnahme an den Bevollmächtigten zu richten (§ 7 Abs. 1 Satz 2 VwZG). |
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