Praxishilfe Schulordnungsmaßnahmen (§ 32 SchoG), Stand 10.09.2008

 


§ 32 SchoG
Ordnungsmaßnahmen

(1) Zur Verwirklichung des Unterrichts- und Erziehungsauftrags der Schule, der Erfüllung der Schulbesuchspflicht, der Einhaltung der Schulordnung und zum Schutz von Personen und Sachen können Ordnungsmaßnahmen gegenüber Schülerinnen und Schülern getroffen werden, soweit andere erzieherische Einwirkungen nicht ausreichen. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist zu beachten; insbesondere ist vor Verhängung einer bestimmten Ordnungsmaßnahme zu prüfen, ob nicht eine leichtere Ordnungsmaßnahme ausreicht.

(2) Folgende Ordnungsmaßnahmen können getroffen werden:

  1. durch die Klassenlehrerin oder den Klassenlehrer oder durch die unterrichtende Lehrkraft:
    der schriftliche Verweis;
  2. durch die Schulleiterin oder den Schulleiter:
    a) die Überweisung in eine parallele Klasse oder Unterrichtsgruppe;
    b) der Ausschluss von besonders bevorzugten Schulveranstaltungen bei fortbestehender Verpflichtung zur Teilnahme am Unterricht während dieser Zeit;
c)die Androhung des zeitweiligen Ausschlusses vom Unterricht;
    d) der Ausschluss vom Unterricht bis zu drei Unterrichtstagen, bei beruflichen Schulen in Teilzeitform für einen Unterrichtstag;
  3. durch die Klassenkonferenz oder den Jahrgangsausschuss unter Vorsitz der Schulleiterin oder des Schulleiters oder ihrer oder seiner Vertretung, wobei die Klassenelternsprecherin oder der Klassenelternsprecher oder die Elternsprecherin oder der Elternsprecher der Kerngruppe stimmberechtigt ist und eine Verbindungslehrerin oder ein Verbindungslehrer mit beratender Stimme teilnimmt:
    a)

der Ausschluss vom Unterricht bis zu zwei Unterrichtswochen; Nummer 2 Buchst. d bleibt unberührt;

    b) die Androhung des Ausschlusses aus der Schule;
  4. durch die Gesamtkonferenz:
    der Ausschluss aus der Schule;
  5. durch die Schulaufsichtsbehörde:
    auf Antrag der Gesamtkonferenz die Ausdehnung des Ausschlusses auf alle Schulen des Landes mit Ausnahme der Förderschule soziale Entwicklung.

Ein Beschluss der Gesamtkonferenz gemäß Satz 1 Nr. 4 und 5, an dem die Vertreterinnen und Vertreter der Schülervertretung mit beratender Stimme teilnehmen, bedarf der Zweidrittelmehrheit der anwesenden stimmberechtigten Mitglieder. Die Verhängung von Ordnungsmaßnahmen gegenüber Klassen und Gruppen als solchen ist nicht zulässig.

(3) Körperliche Züchtigung und entwürdigende Maßnahmen sind nicht zulässig.

(4) Eine Ordnungsmaßnahme gemäß Absatz 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b bis Nr. 3 Buchst. b ist nur zulässig, wenn eine Schülerin oder ein Schüler durch schweres oder wiederholtes Fehlverhalten ihre oder seine Pflichten verletzt und dadurch die Erfüllung der Aufgabe der Schule oder die Rechte anderer gefährdet hat. Eine Ordnungsmaßnahme gemäß Absatz 2 Satz 1 Nr. 4 und 5 ist nur zulässig, wenn neben den Voraussetzungen des Satzes 1 das Verbleiben der Schülerin oder des Schülers in der Schule eine Gefahr für die Erziehung und Unterrichtung, die sittliche Entwicklung, die Gesundheit oder Sicherheit der Mitschülerinnen und Mitschüler befürchten lässt; eine Ordnungsmaßnahme gemäß Absatz 2 Satz 1 Nr. 5 ist darüber hinaus nur zulässig, wenn zu erwarten steht, dass auch bei einem Wechsel der Schule die gleiche Gefährdung der Mitschülerinnen und Mitschüler gegeben ist.

(5) Vor der Entscheidung über eine Ordnungsmaßnahme ist der Schülerin oder dem Schüler, vor Ordnungsmaßnahmen gemäß Absatz 2 Satz 1 Nr. 2 bis 5 auch den Erziehungsberechtigten Gelegenheit zur Äußerung vor der für die Entscheidung zuständigen Stelle zu geben. Die Schülerin oder der Schüler und die Erziehungsberechtigten können eine Schülerin oder einen Schüler oder eine Lehrkraft ihres Vertrauens hinzuziehen.

(6) Die Schulleiterin oder der Schulleiter kann in dringenden Fällen einer Schülerin oder einem Schüler vorläufig den Schulbesuch untersagen, wenn deren oder dessen Verhalten den Ausschluss aus der Schule durch die Gesamtkonferenz erwarten lässt. Die Schulleiterin oder der Schulleiter hat die Entscheidung der Gesamtkonferenz unverzüglich herbeizuführen.

(7) Eine Ordnungsmaßnahme ist den Erziehungsberechtigten und dem für die Berufsausbildung der Schülerin oder des Schülers Mitverantwortlichen, eine Entscheidung gemäß Absatz 2 Satz 1 Nr. 4 und 5 darüber hinaus dem Jugendamt und der Schulaufsichtsbehörde unter Angabe der Gründe unverzüglich schriftlich mitzuteilen.

(8) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen eine Ordnungsmaßnahme haben keine aufschiebende Wirkung.

 

Erläuterungen:

  1. Grundsätzliches, § 32 Abs. 1 SchoG:
  - Schulordnungsmaßnahmen sind möglich
    1. zur Verwirklichung des Unterrichts- und Erziehungsauftrages der Schule,
    2. zur Erfüllung der Schulbesuchspflicht,
3. zur Einhaltung der Schulordnung oder
    4. zum Schutz von Personen und Sachen.
  - Sie sind (nur dann) möglich, soweit andere erzieherische Einwirkungen nicht (mehr) ausreichen.
- Bei der Verhängung von Schulordnungsmaßnahmen ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist zu beachten.
       
  2. Katalog/Stufenfolge der Schulordnungsmaßnahmen, § 32 Abs. 2 SchoG
  2.1 Durch den Klassenlehrer oder den unterrichtenden Lehrer:
    Schriftlicher Verweis, § 32 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SchoG
  2.2 Durch den Schulleiter:
    a) Überweisung in eine parallele Klasse oder Unterrichtsgruppe, § 32 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a SchoG
    b) Ausschluss von besonders bevorzugten Schulveranstaltungen (z. B. Wandertage, Klassenfahrten, Ausflüge…) bei fortbestehender Verpflichtung zur Teilnahme am Unterricht während dieser Zeit, § 32 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b SchoG
    c) Androhung des zeitweiligen Ausschlusses vom Unterricht, § 32 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. c SchoG
    d) Ausschluss vom Unterricht bis zu drei Unterrichtstage, § 32 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. d SchoG
         
  2.3 Durch die Klassenkonferenz (unter Vorsitz des Schulleiters oder eines Vertreters, Klassenelternsprecher stimmberechtigt, verbindliche Teilnahme eines Verbindungslehrers mit beratender Stimme):
    a) Ausschluss vom Unterricht bis zu zwei Unterrichtswochen, § 32 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a SchoG
    b) Androhung des Ausschlusses aus der Schule, § 32 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. b SchoG
  2.4 Durch die Gesamtkonferenz (verbindliche Teilnahme eines Schülervertreters mit beratender Stimme, Beschluss bedarf Zweidrittelmehrheit der anwesenden stimmberechtigten Mitglieder):
    Ausschluss aus der Schule, § 32 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 SchoG
  2.5 Durch die Schulaufsichtsbehörde (MBFFK):
    Ausschluss aus allen Schulen des Landes mit Ausnahme der Förderschule soziale Entwicklung (auf Antrag der Gesamtkonferenz), § 32 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 SchoG
         
    Der Katalog der Schulordnungsmaßnahmen stellt zwar eine Stufenfolge dar, diese muss aber nicht zwingend schematisch von oben nach unten „abgearbeitet“ werden. Es steht der Schule grundsätzlich auch frei, eine dem Fehlverhalten angemessene Maßnahme gezielt herauszugreifen, wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen hierfür vorliegen.
    Das bedeutet auch, dass bei einem bereits „vorbelasteten“ Schüler, der sich ein weiteres Fehlverhalten zu Schulden kommen lässt, nicht zwingend zur nächst härteren Ordnungsmaßnahme gegriffen werden muss. Es ist durchaus möglich, dass in einem solchen Fall die gleiche oder auch eine mildere Ordnungsmaßnahme dem Fehlverhalten angemessen ist.
    Es ist auch möglich, mehrere Schulordnungsmaßnahmen untereinander oder mit anderen erzieherischen Maßnahmen zu kombinieren, wenn es dem Fehlverhalten angemessen ist und die tatbestandlichen Voraussetzungen hierfür vorliegen.
    Der Stelle, die über eine Schulordnungsmaßnahme entscheidet, stehen nicht nur die ihr ausdrücklich zugewiesenen Ordnungsmaßnahmen zur Verfügung, sondern darüber hinaus auch alle Ordnungsmaßnahmen der untergeordneten Instanzen (so VG Saarlouis, Urteil vom 10.03.1997, 1 K 76/95). So kann z. B. die Klassenkonferenz einen zeitweiligen Unterrichtsausschluss auch bloß androhen, ohne diesen gleich festzusetzen, obwohl die Androhung auch schon vom Schulleiter ausgesprochen werden könnte. Ebenso könnte etwa der Schulleiter einen schriftlichen Verweis erteilen, was dem Klassenlehrer bzw. dem Fachlehrer zugewiesen ist.
    Körperliche Züchtigung und entwürdigende Maßnahmen sind grundsätzlich nicht zulässig, § 32 Abs. 3 SchoG.
         
  3. Weitere tatbestandliche Voraussetzungen, § 32 Abs. 4 SchoG
    a) Schulordnungsmaßnahmen ab dem Ausschluss von besonders bevorzugten Schulveranstaltungen sind nur zulässig, wenn ein Schüler durch schweres (z. B. massiver körperlicher Übergriff auf Mitschüler, Erpressung von Mitschülern, Handel mit Rauschmitteln, schwere Beleidigung einer Lehrkraft oder eines Mitschülers, vorsätzliches Auslösen eines Feueralarms…) oder wiederholtes Fehlverhalten seine Pflichten verletzt und dadurch die Erfüllung der Aufgaben der Schule oder die Rechte anderer (z. B. die seiner Mitschüler) gefährdet hat.
    b) Schulordnungsmaßnahmen ab dem Ausschluss aus der Schule sind nur zulässig, wenn darüber hinaus das Verbleiben des Schülers in der Schule eine Gefahr für die Erziehung und Unterrichtung, die sittliche Entwicklung, die Gesundheit oder Sicherheit der Mitschüler befürchten lässt (anzunehmen z. B. schwerer vorsätzlicher körperlichen Übergriff evtl. unter Benutzung einer Waffe).
    c) Der Ausschluss von allen Schulen des Landes mit Ausnahme der Schulen für Erziehungshilfe ist darüber hinaus nur dann zulässig, wenn zu erwarten ist, dass auch bei einem Schulwechsel die gleiche Gefährdung der Mitschüler gegeben ist.
         
  4. „Notrecht“ des Schulleiters, § 32 Abs. 6 SchoG
    Der Schulleiter kann in dringenden Fällen einem Schüler vorläufig den Schulbesuch untersagen, wenn dessen Verhalten den Ausschluss aus der Schule durch die Gesamtkonferenz erwarten lässt. Der Schulleiter muss deren Entscheidung dann unverzüglich herbeiführen.
         
  5. Unbedingt zu beachten:
    a) Anhörung, § 32 Abs. 5 SchoG:
      Vor der Entscheidung über jede Schulordnungsmaßnahme ist (= muss) dem betroffenen Schüler Gelegenheit zu einer Äußerung vor der für die Entscheidung zuständigen Stelle zu gegeben. Bei den Maßnahmen, die nur vom Schulleiter, der Klassen-, der Gesamtkonferenz oder von der Schulaufsichtsbehörde getroffen werden können, ist auch den Erziehungsberechtigten vorab Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.
     
      Dabei können der Schüler und die Erziehungsberechtigten immer auch einen Schüler oder Lehrer ihres Vertrauens hinzuziehen. Im Zweifel sollten der Schüler/die Erziehungsberechtigten über dieses Recht informiert werden.
      Die Anhörung kann schriftlich oder persönlich (z. B. in einem Elterngespräch oder während der Sitzung der Klassen- oder Gesamtkonferenz), in Ausnahmefällen auch fernmündlich erfolgen.
    b) Verhältnismäßigkeit einer Schulordnungsmaßnahme, § 32 Abs. 1 Satz 2 SchoG:
      Eine Schulordnungsmaßnahme muss immer verhältnismäßig sein (Stichwort: Mit Kanonen auf Spatzen schießen...), d. h.:
      1. Die Maßnahme muss geeignet sein, um das verfolgte Ziel (z. B. die nachhaltige Besserung des Schülerverhaltens, Schutz der Mitschüler…) zu erreichen.
      2. Sie muss erforderlich sein, um dieses Ziel zu erreichen (Kontrollfrage: Reicht bzw. ggf. warum reicht eine mildere Maßnahme evtl. in Kombination mit einer erzieherischen Maßnahme nicht auch aus, um das gewünschte Ziel zu erreichen?).
      3. Sie muss darüber hinaus unter Zugrundelegung des Fehlverhaltens und aller anderen zu berücksichtigenden Umstände (z. B. aktueller Leistungsstand des Schülers, weitere schulische Auswirkungen einer Ordnungsmaßnahme auf den Schüler…) auch insgesamt angemessen sein.
         
  6. Bekanntgabe/Begründung von Schulordnungsmaßnahmen, § 32 Abs. 7 SchoG
    Jede Ordnungsmaßnahme ist den Erziehungsberechtigten unter Angabe der Gründe unverzüglich schriftlich mitzuteilen. Ein Ausschluss aus der Schule bzw. von allen Schulen des Landes mit Ausnahme der Schulen für Erziehungshilfe ist darüber hinaus auch dem Jugendamt und der Schulaufsichtsbehörde mitzuteilen.
    Bei der schriftlichen Begründung der Entscheidung der Schule ist darauf zu achten, dass dem Schüler/den Erziehungsberechtigten alle wesentlichen Begründungselemente für die Entscheidung mitgeteilt werden (vgl. § 39 Abs. 1 SVwVfG). Es empfiehlt sich, eine komplette Darstellung des Sachverhaltes, wie er sich aus der Sicht der Schule ergibt, voranzustellen. Da die Entscheidung über eine Schulordnungsmaßnahme stets eine Ermessensentscheidung ist, muss die Begründung auch die wesentlichen Gedanken der Schule zur Ermessensausübung erkennen lassen. In diesem Zusammenhang sind insbesondere Ausführungen zur Verhältnismäßigkeit der Schulordnungsmaßnahme erforderlich.
     
  7. Heilung von Form- und Verfahrensfehlern:
    Form- und Verfahrensfehler im Zusammenhang mit dem Erlass einer Schulordnungsmaßnahme machen die Schulordnungsmaßnahme grundsätzlich immer rechtswidrig. Sie führen jedoch nicht immer zwingend zu einer Aufhebung der Maßnahme durch die Widerspruchsbehörde oder das Verwaltungsgericht.
    Bestimmte Form- und Verfahrensfehler können im Nachhinein „geheilt“ werden. Im Zusammenhang mit Ordnungsmaßnahmen kämen hierfür beispielsweise eine unterbliebene Anhörung der Erziehungsberechtigten oder eine unterbliebene schriftliche Begründung der Ordnungsmaßnahme in Betracht. Diese können oftmals noch nachgeholt werden, wodurch der Formfehler im Nachhinein ausgemerzt wird. Das ursprüngliche Vorhandensein des Formfehlers führt dann zwar nicht mehr zur Aufhebung der Maßnahme, er kann dann aber zu einer Kostenentscheidung zu Lasten der Schule führen. Das heißt, die Schule könnte dann etwa dazu verpflichtet sein, entstandene Rechtsanwaltskosten auch dann zu übernehmen, wenn sie das Verfahren im Übrigen gewonnen hat.
    Andere Form- und Verfahrensfehler sind nicht im Nachhinein heilbar und führen daher von vornherein zwingend zur Rechtswidrigkeit der Ordnungsmaßnahme. So kann beispielsweise der (rechtswidrige) Beschluss einer Klassenkonferenz, die nicht ordnungsgemäß besetzt gewesen ist, nicht geheilt werden. Hier wäre die Schulordnungsmaßnahme aufzuheben und der Beschluss in ordnungsgemäßer Besetzung neu zu treffen.
     
8. Bewertung eines außerschulischen Fehlverhaltens
    Auch das außerschulische Verhalten eines Schülers kann zur Verhängung einer Schulordnungsmaßnahme führen. In § 14 Abs. 1 Satz 2 AschO ist geregelt, dass ein Schüler alles zu unterlassen hat, was den Schulbetrieb oder die Ordnung der von ihm besuchten oder einer anderen Schule stören könnte. Deshalb unterliegt insoweit auch das außerschulische Verhalten eines Schülers der Würdigung durch die Schule, wenn es die Verwirklichung der Aufgabe der Schule gefährdet.
    Dadurch ist es der Schule möglich, etwa das Verhalten eines Schülers auf dem Nachhauseweg, für den keine Aufsichtspflicht durch die Schule mehr besteht, schulordnungsrechtlich zu bewerten. Zettelt ein Schüler beispielsweise auf dem Nachhauseweg im Schulbus wiederholt Prügeleien mit Mitschülern an, so ist davon auszugehen, dass sich der daraus entstehende Konflikt auch im Schulbetrieb weiter fortsetzen und zu einer Störung des Betriebsfriedens und des Lernklimas führen wird. Der sich daraus ergebende schulische Bezug des eigentlich außerschulischen Verhaltens würde die Schule in diesem Fall zu schulordnungsrechtlichem Handeln gegenüber dem Schüler ermächtigen.
    Bei der Behandlung und Bewertung eines außerschulischen Verhaltens ist häufig bereits die genaue Ermittlung des Sachverhaltes schwierig. In vielen Fällen ist die Anzahl der Zeugen gering; oft steht Aussage gegen Aussage. In solchen Fällen dürfte es meist schwer fallen, das Fehlverhalten eines Schülers mit hinreichender Wahrscheinlichkeit festzustellen.
     
  9. Rechtsschutz
    Gegen eine Schulordnungsmaßnahme kann - wie gegen alle Entscheidungen der Schule, die als Verwaltungsakt zu qualifizieren sind - bei der Schule oder bei der Schulaufsichtsbehörde Widerspruch eingelegt werden.
    Widerspruch und Anfechtungsklage gegen eine Ordnungsmaßnahme haben keine aufschiebende Wirkung (§ 32 Abs. 8 SchoG), d. h. der Vollzug einer Ordnungsmaßnahme ist kraft Gesetzes auch dann noch möglich, wenn die Maßnahme z. B. durch einen Widerspruch angefochten ist. Um die Vollziehung der Maßnahme zu stoppen müsste/n der Schüler/die Erziehungsberechtigten einen gerichtlichen Beschluss (gemäß § 80 Abs. 5 VwGO) erwirken.
    Schüler und Erziehungsberechtigte können sich zu jedem Zeitpunkt des Verfahrens eines Bevollmächtigten (z. B. Rechtsanwalt) bedienen (§ 14 Abs. 1 SVwVfG). Eine etwaige Korrespondenz soll dann mit dem Bevollmächtigten geführt werden (§ 14 Abs. 3 SVwVfG). Liegt eine schriftliche Vollmacht vor, so ist die Zustellung des Bescheides über den Erlass der Schulordnungsmaßnahme an den Bevollmächtigten zu richten (§ 7 Abs. 1 Satz 2 VwZG).
     
  10. Häufige Fehlerquellen
    a) Unzureichend ermittelter Sachverhalt:
      In der Praxis ist leider häufig festzustellen, dass Schulen vor Erlass einer Schulordnungsmaßnahme nicht alle vorhandenen Erkenntnismöglichkeiten (etwa durch Zeugenbefragungen u. ä.) ausgeschöpft haben. Gerade bei schwierigen Sachverhalten, die nicht eindeutig auf der Hand liegen oder bei Anschuldigungen, die bestritten werden, ist dies aber unverzichtbar. Der Sachverhalt stellt die Grundlage der zu treffenden Maßnahme dar. Auch im Bereich der Schulordnungsmaßnahmen gilt deshalb: Ohne einen hinreichend ermittelten Sachverhalt ist die Rechtmäßigkeit der darauf gründenden Maßnahme Glückssache.
    b) Verletzung der Anhörungsrechte Beteiligter:
      Vor Erlass von Schulordnungsmaßnahmen, die nur vom Schulleiter, der Klassenkonferenz, der Gesamtkonferenz oder der Schulaufsichtsbehörde getroffen werden können, ist nicht nur dem Schüler, sondern auch dessen Erziehungsberechtigten Gelegenheit zur Stellungnahme - und zwar vor dem für die Entscheidung zuständigen Gremium - zu geben. Gerade bei milderen Schulordnungsmaßnahmen, die vom Schulleiter getroffen werden, wird dies häufig übersehen.
    c) Ermessensfehler:
      Ermessensfehler sind häufig anzutreffen. Sie reichen in der Praxis von Ermessensnichtgebrauch (überhaupt keine Ausübung des Ermessens) bis zum Ermessensfehlgebrauch (= Ermessensmissbrauch: z. B. Nichtbeachtung der gesetzlichen Zielvorstellungen; unzureichende Berücksichtigung der für die Ermessensausübung maßgeblicher Gesichtspunkte). Fälle der sogenannten Ermessensüberschreitung (= Auswahl einer Maßnahme, die nicht mehr vom Maßnahmenkatalog gedeckt ist) spielen demgegenüber kaum eine Rolle.
      Auch in den Fällen, in denen nach Aktenlage zunächst vom Vorliegen eines Ermessensnichtgebrauchs auszugehen ist, zeigt sich auf Nachfrage meist, dass die Schule durchaus Ermessenserwägungen angestellt, es aber versäumt hat, diese auch aktenkundig zu machen. Wie bereits unter Ziffer 6 erwähnt, gehören die entsprechenden Ausführungen jedenfalls in ihrem Kern in die Begründung des Bescheides, in dem die Schulordnungsmaßnahme festgesetzt wird. Auch schadet es keinesfalls, wenn darüber hinausgehende sachliche Überlegungen etwa in Konferenzprotokollen schriftlich fixiert werden.
      Am häufigsten kommen im Schulalltag Fälle von Ermessensfehlgebrauch - in der Regel einhergehend mit einem Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit - vor. Diese beruhen oft auf einem schlecht ermittelten Sachverhalt, auf einer Nicht- oder nur unzureichenden Berücksichtigung wesentlicher Umstände oder auf dem Anstellen sachfremder Erwägungen.
      Um eine saubere Ermessensentscheidung zu treffen, sollten die unter Ziffer 5b erwähnten Punkte Geeignetheit, Erforderlichkeit und Angemessenheit vor dem Hintergrund des tatsächlichen Sachverhaltes klar herausgearbeitet werden. Dies ist bei der rechtlich zutreffenden Erfassung und Bewertung des Sachverhaltes äußerst hilfreich. Wichtig ist auch, dass die Mitglieder des Entscheidungsgremiums die notwendige persönliche Distanz einhalten, was im Einzelfall durchaus schwierig sein kann (z. B. bei beleidigenden Äußerungen eines Schülers gegen einzelne/mehrere Lehrer o. ä.). Wenn das Gesamtergebnis vor dem Hintergrund der Frage "Warum so und nicht doch anders?" schlüssig ist, dann ist davon auszugehen, dass die Ermessensentscheidung fehlerfrei getroffen worden ist.

 

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